Wann werden die häufigen Kurzerkrankungen zu häufig?

Problematisch wird es ab sechs Wochen Krankheitszeit im Jahr. Um eine negative Gesundheitsprognose zu rechtfertigen, schaut man in der Regel zwei bis drei Jahre zurück. D.h.: war der Arbeitnehmer in den letzten zwei-drei Jahren pro Jahr über sechs Wochen krank, kann es kritisch werden. Es geht aber auch kürzer. Insbesondere bei Arbeitnehmern in Schlüsselpositionen können 15 Monate für eine Prognose ausreichen.

Wie ist die Lage bei Sportunfällen?

Hier muss man als Arbeitnehmer aufpassen. Kommt es infolge von Sportunfällen häufig zu Fehlzeiten, spricht das für eine Verletzungsanfälligkeit. Diese wiederum deutet auf eine Wiederholungsgefahr hin.

Woher weiß mein Arbeitgeber, dass ich auch in Zukunft krank bleiben werde?

Hier lässt die Rechtsprechung eine negative Gesundheitsprognose genügen. Betrachtet werden Art, Dauer und Häufigkeit der bisherigen Erkrankungen. Die entscheidenden Fragen sind: Wie sind die Tendenzen bei den Fehlzeiten, d.h. fehlt der Arbeitnehmer immer häufiger oder immer seltener? Zeigten die bisherigen medizinischen Behandlungen Erfolge? Gibt es neue Behandlungsmethoden? Besteht Wiederholungsgefahr? Ist die Erkrankung chronisch oder trat sie nur einmalig auf? Es kommt vieles auf den Einzelfall an, eindeutige Prognosen sind schwierig zu treffen.
In der Regel gilt: chronische Erkrankungen führen zu häufigen Fehlzeiten- dem Arbeitnehmer kann gekündigt werden. Einmalige Ausfälle dagegen, etwa wegen einem Unfall oder einer Blinddarm-OP, haben keine Auswirkungen auf eine Entlassung.

Muss der Arbeitgeber nicht vor der Kündigung abmahnen?

Vor einer krankheitsbedingten Kündigung bedarf es keiner Abmahnung. Eine Abmahnung ist darauf gerichtet, den Arbeitnehmer dazu zu bringen, sein Verhalten zu ändern. Bei einer Krankheit ist es aber nicht möglich. Es liegt nicht in der Macht des Arbeitnehmers, seinen Gesundheitszustand zu verbessern.

Unter welchen Voraussetzungen darf mir der Arbeitgeber wegen einer Krankheit kündigen?

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nur dann wegen einer Krankheit entlassen, wenn drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:

  1. Der Arbeitnehmer ist krank und wird auch in Zukunft im gleichen Maße krank bleiben.
  2. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebs ist durch die Krankheit erheblich beeinträchtigt.
  3. Das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung.

Kann jede Erkrankung zu einer Kündigung führen?

Man unterscheidet zwischen vier Situationen.

  1. Wegen einer Krankheit wird der Arbeitnehmer dauerhaft arbeitsunfähig.
  2. Die Krankheit dauert lange an und es bleibt ungewiss, ob der Arbeitnehmer innerhalb der nächsten zwei Jahre genesen wird.
  3. Häufige Kurzzeiterkrankungen führen zu erheblichen Fehlzeiten.
  4. Der Arbeitnehmer kann zwar weiterhin arbeiten, aber infolge der Krankheit nicht mehr die volle Leistung bringen.

Liegt eine dieser Konstellationen vor, kann eine Kündigung in Betracht kommen.

Welche Krankheiten können einen Kündigungsgrund darstellen?

In Betracht kommen alle körperlichen und geistigen Krankheiten. Auch seelische Leiden wie etwa schwere Depressionen oder Alkohol- bzw. Drogensucht können der Grund für eine Kündigung sein. Gerade im Bereich der Suchterkrankungen ergeben sich regelmäßig Unsicherheiten. Ob der Arbeitnehmer sein Trinkverhalten steuern kann oder nicht, ist häufig unklar. Hier kommt sowohl eine verhaltens- als auch eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht.

Was passiert nach Klageerhebung?

Ist die Klage eingereicht, hat man verschiedene Möglichkeiten. Die Erfahrung zeigt, dass die einmal gekündigten Arbeitnehmer nur selten in den Betrieb zurückkehren. Das ist mehr als verständlich, denn das Verhältnis ist gestört. Sehr vielen kommt es darauf an, einen lukrativen finanziellen Ausgleich zu erhalten, eine angemessene Abfindung. Die allermeisten Arbeitgeber zeigen sich in diesem Punkt kooperativ. Die Statistik beweist: in nur etwa 7 % aller arbeitsgerichtlichen Verfahren im Jahre 2013 mussten die Richter ein Urteil sprechen. In der ganz überwiegenden Anzahl der Streitigkeiten konnten sich die Beteiligten untereinander einigen. Sie schlossen einen sog. Vergleich. Dabei verzichtet der Arbeitnehmer in der Regel auf die weitere Prozessführung, wofür ihm der Arbeitgeber einen bestimmten Geldbetrag zahlt. Wieviel man bei einem solchen Vergleich herausbekommt, ist Verhandlungssache. Je unsicherer die Position des Arbeitgebers, desto bessere Chancen hat der Arbeitnehmer. Bei der Wahl der richtigen Strategie hilft eine qualifizierte anwaltliche Unterstützung. Gerne stehen wir Ihnen dabei zur Seite.

Was tun, wenn eine krankheitsbedingte Kündigung im Briefkasten liegt?

Bewahren Sie Ruhe. Machen Sie keine voreiligen Schritte. Und bitte unterschreiben Sie nichts. Es ist für den Arbeitgeber alles andere als leicht, eine krankheitsbedingte Kündigung vor dem Gericht „durchzubekommen.“ Daher haben Sie zumindest gute Chancen auf eine angemessene Abfindung. Wichtig ist zunächst, die Fristen zu beachten. Will man verhindern, dass die Kündigung wirksam wird, muss man beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage erheben. Dafür hat man drei Wochen Zeit. Tut man innerhalb dieser Frist nichts, ist der Zug abgefahren.

Was passiert bei der Interessenabwägung?

Hier kommt es für den Richter darauf an, ob der Verstoß, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, so gravierend ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, mit der Kündigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten.
Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Berücksichtigt werden ganz verschiedene Faktoren wie z.B. die Art und Schwere der Pflichtverletzung und ihre Auswirkungen auf den Betriebsablauf oder den Betriebsfrieden. Relevant wird auch der Grad des Verschuldens (leicht, mittel, hoch?) des Arbeitnehmers sowie die Frage, in welchem Maße der Arbeitgeber zu Schaden gekommen ist. Hier spielen sowohl materielle, als auch immaterielle Gesichtspunkte (z.B. Ansehen bei den Mitarbeitern) eine Rolle. Schließlich wird die soziale Lage des Arbeitnehmers berücksichtigt. Wie lange gehörte dieser dem Betrieb an, wie alt ist er, wie ist sein Familienstand, gibt es Unterhaltspflichten.
Diese und weitere Fragen bilden das sog. Abwägungsmaterial, anhand dessen die Richter den Fall beurteilen. Bei einer solchen Vielzahl von Faktoren und im Hinblick auf ihre unterschiedliche, nicht von vornherein festgelegte Gewichtung, entscheidet häufig die richtige Strategie über den Ausgang eines Kündigungsschutzprozesses. Gerne unterstützen wir Sie bei der Verteidigung Ihrer Rechte.