In welchen Fällen darf abgemahnt werden?

Der Katalog an Abmahnungsgründen ist lang, die wohl praktisch relevantesten Beispiele finden Sie im Folgenden.

  • Zu-Spät-Kommen sein
  • Arbeitsverweigerung
  • mangelhafte Arbeitsausführung
  • Verspätete Anzeige einer Krankheit/verspätete Vorlage eines Attestes
  • Beleidigungen und Tätlichkeiten im Betrieb
  • Unfreundlichkeit gegenüber Kunden
  • Nutzung von Internet/Telefon für private Zwecke
  • Sexuelle Belästigung
  • Mobbing

Kann eine Kündigung nur bei exakt gleichen Verstößen wie dem abgemahnten ausgesprochen werden?

So eng sind die Grenzen nicht. Es reicht aus, wenn der erneute Fehltritt mit dem abgemahnten Verhalten vergleichbar ist. Die Verstöße müssen aus demselben Bereich stammen, so dass die Abmahnungs- und die Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen. Diese Vergleichbarkeit besteht etwa bei Verspätungen und vorzeitigem Verlassen des Arbeitsplatzes. Anders sieht es hingegen aus bei Arbeitsverweigerung einerseits und Arbeitsbummelei andererseits.

Wie sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer gegen mehrere Pflichten verstoßen hat?

Hat der Arbeitnehmer verschiedene Fehler gemacht, ist er etwa mehrfach zu spät gekommen und hat sich darüber hinaus unhöflich gegenüber Kunden benommen, muss der Arbeitgeber hinsichtlich beider Fehltritte eine separate Abmahnung aussprechen, die den obigen Aufforderungen genügt. Er muss also deutlich auf jedes Verhalten hinweisen, das er nicht mehr dulden will und bei dessen Wiederholung eine Kündigung droht.

Welche Kriterien muss eine Abmahnung erfüllen?

Dem Mitarbeiter muss deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Chef ein bestimmtes Verhalten in Zukunft nicht mehr dulden will. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer wegen seines Verhaltens rügen, ihn auffordern, dieses in Zukunft zu unterlassen und ihn warnen, dass weitere Verstöße zu einer Kündigung führen können. Man spricht insoweit von den drei Funktionen einer Abmahnung: der Rüge-, der Aufforderungs- und der Warnfunktion.
Nicht jeder Tadel ist aber gleich eine Abmahnung. Hier ist klar von einer bloßen Ermahnung abzugrenzen. Dabei spielt nicht die konkrete Bezeichnung eine Rolle, sondern die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.

  1. Der Arbeitgeber muss dem Mitarbeiter präzise mitteilen, welches Verhalten ihm gegen den Strich geht. Es dürfen keine Zweifel bleiben, welcher Verstoß genau gemeint ist. Ort, Datum und Uhrzeit sowie klare Angaben zu dem Verhalten sind notwendig. Die Einleitung einer Abmahnung wegen z.B. Zu-Spät-Kommens müsste daher wie folgt lauten:
    Am Morgen des 13.2.2014 sind Sie erst um 9:25 Uhr, statt wie vorgesehen um 9 Uhr, an Ihrem Arbeitsplatz erschienen. Gleiches wiederholte sich am 2.3.2014, als Sie sich statt 9 Uhr erst um 9:18 Uhr im Betrieb einfanden. Einen Entschuldigungsgrund für diese Verspätungen haben Sie nicht vorgebracht.
    Hier zeigt der Arbeitgeber unmissverständlich, welches Verhalten ihn zu der Abmahnung bewegt. Vage Angaben wie „mehrfaches Zu-Spät-Kommen im Frühjahr 2014“ wären nicht ausreichend.
  2. Der Arbeitgeber muss ferner deutlich machen, dass er das Verhalten als einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten ansieht. Von dem Arbeitnehmer muss er verlangen, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen. Unsere Beispiel-Abmahnung müsste dann wie folgt weitergehen:
    Diese Verspätungen stellen einen zweifachen Verstoß gegen Ihre arbeitsrechtlichen Pflichten dar, den wir nicht dulden werden. Ich fordere Sie auf, in Zukunft pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.
    Der Arbeitnehmer weiß nun genau, was von ihm verlangt wird bzw. was er in Zukunft in jedem Fall unterlassen soll.
  3. Schließlich muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter gegenüber erklären, dass diesem für den Wiederholungsfall eine Kündigung droht. Er muss ihm die Konsequenzen vor Augen führen. Das ginge in etwa so:
    Sollten Sie diese Aufforderung missachten und auch weiterhin Ihre Arbeit unpünktlich antreten, behalten wir uns vor, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen.
    Nun weiß der Arbeitnehmer wirklich Bescheid. Im Falle eines erneuten Zu-Spät-Kommens muss er mit einer Kündigung rechnen.
    Bei abgeschwächten Formulierungen wie etwa: „Zuwiderhandlungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“ kann es im Einzelfall mit der gebotenen Deutlichkeit problematisch werden.

Kann bei einer erheblichen und dauerhaften Minderleistung ein Arbeitnehmer ohne Weiteres gekündigt werden?

Nein. Die Kündigung ist immer das äußerste Mittel. Gibt es im Betrieb einen anderen Arbeitsplatz, auf dem der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Fähigkeiten eingesetzt werden kann, muss der Arbeitgeber ihm diesen anbieten, bevor er eine Kündigung ausspricht.

Wer muss die Minderleistung beweisen?

Kommt es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht, stellt sich immer die Frage, wer muss was beweisen. Bei der Kündigung eines „low performer“ muss der Arbeitgeber die konkreten Mängel der Arbeitsleistung darlegen. Hat er das getan, muss der Arbeitnehmer im Gegenzug erklären, warum er trotz unterdurchschnittlicher Leistungen seine Kapazitäten ausschöpft, woran seine Minderleistungen liegen und ob es in Zukunft besser wird. Bei einer Krankheit können hier etwa neue Behandlungen angeführt werden, denen sich der Arbeitnehmer unterziehen möchte.

Wann besteht bei einem „low performer“ eine negative Gesundheitsprognose?

Wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mit weiteren Minderleistungen im erheblichen Umfang zu rechnen ist. Schöpft der Arbeitnehmer auf Dauer seine Leistungskapazitäten aus und kann dabei dennoch keine Normalleistung erbringen, ist die Prognose negativ.

Wann reicht eine Minderleistung für eine wirtschaftliche Belastung aus?

Eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers bedeutet eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers. Es reicht aber nicht jede Einschränkung. Quantitativ hält die Rechtsprechung eine Abweichung von 2/3 der tatsächlich erbrachten Leistung von der Normalleistung für erheblich (etwa zu geringe Stückzahlen bei Akkordarbeit).
In vielen Bereichen (z.B. Einkauf, Buchhaltung, Gastronomie) lässt sich die Leistung nicht quantitativ messen. Es kommt auf die Qualität der Leistung an. Dabei reicht eine bestimmte Fehlerhäufigkeit aber noch nicht aus. Zu betrachten sind alle Umstände des Einzelfalls. Man muss sich fragen, wie sind die konkreten Arbeitsanforderungen, wie ist der Arbeitsplatz beschaffen u.ä. Unter Berücksichtigung aller Umstände der Leistungserbringung muss ein Punkt bestimmt werden, an dem die Fehlerquote nicht mehr tolerierbar wird. Auch hierzu kann als Indiz ein Vergleich mit der Durchschnittsleistung gebildet werden.

Was versteht man unter einem „low performer“?

Ein „low performer“ ist jemand, dessen Arbeitsleistung schlechter ausfällt als geschuldet. Ergeben sich die Pflichten nicht schon oder nicht konkret genug aus dem Arbeitsvertrag, müssen die jeweiligen Anforderungen durch den Arbeitgeber konkretisiert werden.
Bei der Bestimmung eines „low performer“ kommt es auf das persönliche Leistungsvermögen des Mitarbeiters an. Die Faustformel lautet:

„Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll und zwar so gut wie er kann.“

Häufig wird für die Bestimmung eines „low performer“ eine Vergleichsgruppe gebildet. Auf diese Weise wird eine Durchschnittsleistung ermittelt. Naturgemäß ist dabei aber einer immer das Schlusslicht. Daher kommt der Durchsschnittsleistung nur eine Indizwirkung zu. Wer aber über längere Zeit merklich von der „Normalleistung“ abweicht, gerät in die Gefahr, als „low performer“ eingestuft zu werden. Diese Einordnung kann zu einer Kündigung führen.
Es gibt zwei Arten von „low performern“: diejenigen die „wollen, aber nicht können“ und die anderen, die „können, aber nicht wollen.“ Die letzteren können aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden. Die ersteren „können“ häufig nicht, weil sie durch eine Krankheit verhindert sind.

Und wenn der Arbeitnehmer nach der Krankheit nur eine Teileistung erbringen kann/will?

Will und kann der Arbeitnehmer nach seiner Erkrankung nur eine Teilleistung erbringen, darf der Arbeitgeber ihn nur entlassen, wenn er die Teilleistung wirtschaftlich nicht gebrauchen kann. Das muss er schlüssig und präzise darlegen und ggf. beweisen.

Was passiert bei der dauernden Leistungsunfähigkeit?

Kann der Arbeitnehmer dauerhaft nicht arbeiten, darf sich der Arbeitgeber von ihm trennen. Hier eine Fehlzeitenprognose zu fordern, wäre sinnlos. Auch die betrieblichen Interessen sind hinreichend gestört. Schwierig kann allerdings die Abgrenzung zu einer langandauernden Krankheit sein. Hier liegt eine Quelle der Unsicherheit.
Außerdem muss der Arbeitgeber zunächst prüfen, ob im Betrieb nicht vielleicht ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist. Findet sich ein solcher, muss er ihn dem Arbeitnehmer anbieten.

Wann sind die betrieblichen Interessen bei langandauernden Krankheiten beeinträchtigt?

Dauert eine Krankheit lange an, so fallen die Entgeltfortahlungskosten in der Regel nicht stark ins Gewicht. Nach dem Gesetz ist der Arbeitgeber nur für eine Dauer von bis zu sechs Wochen zur Zahlung verpflichtet. Auch (tarif-)vertraglich werden längere Fristen nur selten vereinbart.

Problematischer kann es im Hinblick auf Überbrückungsmaßnahmen werden. Hier kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber genügend Kapazitäten besitzt, um den Ausfall des Arbeitnehmers auf Dauer zu kompensieren. Das hängt nicht zuletzt von der Stellung des Arbeitnehmers ab. So sind Facharbeiter naturgemäß schwieriger zu ersetzen als ungelernte Kräfte. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit kann eine Rolle spielen. Schließlich müssen die Überbrückungskosten mit denjenigen Kosten verglichen werden, die bei dem theoretischen Einsatz des erkrankten Arbeitnehmers entstehen würden. Je mehr der Arbeitgeber für die Überbrückung ausgeben muss, desto besser sind seine Chancen den erkrankten Arbeitnehmer zu entlassen.