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Sparkasse unterliegt vor dem OLG Hamm

30. Dezember 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Widerrufsbelehrung der Sparkasse ist fehlerhaft – ein weiterer Sieg für die Verbraucher

In der Zeit zwischen 2004 und 2008 verwendete der gesamte Sparkassenverband eine identische Widerrufsbelehrung. Diese enthielt neben der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ die Fußnote 2) „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“

Diese Kombination ist den Sparkassen im gesamten Bundesgebiet zum Verhängnis geworden. Inzwischen hat eine ganze Reihe von Land- und Oberlandesgerichten entschieden, dass eine mit entsprechenden Angaben versehene Widerrufsbelehrung der Sparkasse fehlerhaft ist. Erfreulicherweise führt das OLG Hamm (Urteil vom 04.11.2015 – 31 U 64/15)  diese Rechtsprechung fort und setzt damit klares Signal für seinen gesamten Gerichtsbezirk.


Inhalt dieser Seite:

  • Widerrufsbelehrung der Sparkasse ist fehlerhaft – ein weiterer Sieg für die Verbraucher
  • Widerruf von Darlehen – Aufhebungsvertrag ist kein Hindernis
  • OLG Hamm entscheidet gegen die Verwirkung
  • Ihre Fragen und unsere Antworten


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Diese Entscheidung wird sich auf die Rechtsprechung der folgenden Landgerichte auswirken:

  • Landgerichtsbezirk Arnsberg
  • Landgerichtsbezirk Bielefeld
  • Landgerichtsbezirk Bochum
  • Landgerichtsbezirk Detmold
  • Landgerichtsbezirk Dortmund
  • Landgerichtsbezirk Essen
  • Landgerichtsbezirk Hagen
  • Landgerichtsbezirk Münster
  • Landgerichtsbezirk Paderborn
  • Landgerichtsbezirk Siegen

Für alle Sparkassenkunden, die in einem dieser Gerichtsbezirke wohnen und bei der Sparkasse ein Darlehen in der Zeit zwischen 2004 und 2008 abgeschlossen haben, bestehen daher sehr gute Chancen sich mithilfe des Widerrufsjokers von ihren hochverzinsten Verträgen zu lösen.

Widerruf von Darlehen – Aufhebungsvertrag ist kein Hindernis

In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall hatten die Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig abgelöst und in diesem Zusammenhang einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Wegen des verfrühten Ausstiegs mussten sie an die Sparkasse eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von ca. 48.000,00 EUR zahlen. Erst zwei Jahre später wurde der Widerruf erklärt.

Die Sparkasse berief sich auf den Aufhebungsvertrag und gewann damit in der ersten Instanz vor dem Landgericht Essen. Das Widerrufsrecht sei durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages erloschen.

Diese Entscheidung hob das OLG Hamm wieder auf und verurteilte die Sparkasse zur Rückzahlung dieses Betrages zuzüglich Zinsen.

Ein Aufhebungsvertrag sei kein Hindernis. Mit den folgenden Sätzen bringt das OLG Hamm seine Auffassung knapp auf den Punkt.

„Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Beklagten, durch den Jahr 2012 abgeschlossenen Aufhebungsvertrag seien die Widerrufsrechte der Klägerin erloschen. Ist eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt, so entspricht es ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt wird. Der Widerruf kann daher – unbefristet – erfolgen. Dies kann sogar dann geschehen, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Die gegenteilige Ansicht würde dem Gedanken des Verbraucherschutzes nicht gerecht (vgl. nur Senat, Urteil vom 11.12.2013, 31 U 127/13, Juris Rz. 26; Senat, Urteil vom Urteil vom 25.03.2015; 31 U 155/14; OLG Zweibrücken Beschluss vom 10.5.2012 Az. 7 U 84/09).“

Und mit dieser Auffassung ist das OLG Hamm nicht allein. Inzwischen sehen mehrere Oberlandesgerichte in einem Aufhebungsvertrag kein Hindernis für den Widerruf eines Darlehens.


Widerruf von Darlehen – OLG Hamm entscheidet gegen die Verwirkung

Bild von einem Buch, Notizheft, Kaffe, Stift und Lesebrille

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“,  „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“

Auch ein weiteres Argument aus dem Standardrepertoire der Banken und Sparkassen, die Verwirkung des Widerrufsrechts, konnte vor dem OLG Hamm nicht verfangen. Das Widerrufsrecht könne nur in Ausnahmefällen verwirken. Die seitenlangen Ausführungen der Sparkassenanwälte handelte das OLG Hamm mit einem Absatz ab.

„Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist das Widerrufsrecht der Klägerin auch nicht verwirkt.

Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11 Rz. 39). Außerdem fehlt es an konkretem Vortrag, dass und aus welchen Gründen sich die Beklagte, die – anders als die Klägerin – hätte erkennen können, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, berechtigterweise darauf eingerichtet haben will, dass Anleger Verträge nicht auch noch Jahre nach deren Abschluss und gegebenenfalls auch dann noch widerrufen, wenn der betreffende Darlehensvertrag zwischenzeitlich einvernehmlich aufgehoben worden ist. Dies gilt erst Recht, wenn man berücksichtigt, dass die Beklagte in der Lage gewesen wäre, die Klägerin in wirksamer Form nachzubelehren (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass es eine gesetzgeberische Entscheidung war, das Widerrufsrecht nicht nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen zu lassen, wenn es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung fehlt. Diese gesetzgeberische Wertung kann nicht dadurch unterlaufen werden, dass man Banken das Recht zubilligt, sich der Haftung durch die Berufung auf § 242 BGB zu entziehen.“

Damit schließt sich das OLG Hamm der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung an. Auch wenn eine Entscheidung des BGH zu der Frage der Verwirkung von den Banken immer wieder verhindert wird, können sich betroffene Darlehensnehmer auf eine überwiegend verbraucherfreundliche oberlandesgerichtliche Rechtsprechung stützen.

Aussichten

Sparkassenkunden sollten Ihre Widerrufbelehrungen von einer auf Darlehenswiderrufe spezialisierten Kanzlei prüfen lassen. Bei einem Ausstieg werden häufig Ersparnisse in fünfstelliger Höhe erzielt. Leider bleibt für ein Vorgehen nicht mehr viel Zeit. Auf Druck der Bankenlobby wird der Widerrufsjoker voraussichtlich zur Mitte Juni durch den Gesetzgeber abgeschafft.


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https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png 0 0 Ilja Ruvinskij https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png Ilja Ruvinskij2015-12-30 19:44:102019-09-10 10:01:16Sparkasse unterliegt vor dem OLG Hamm

BGH entscheidet über Widerrufsbelehrung der Sparkassen (2010-2012)

18. Dezember 2015/2 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Widerrufsbelehrung der Sparkassen – Verbraucherschutzverbände klagen

Die allermeisten Widerrufsbelehrungen der Sparkassen sind fehlerhaft. Für die Verträge aus der Zeit vor 2009 ist dies schon von zahlreichen Gerichten bestätigt worden. Auch die im Jahre 2009 verwendeten Widerrufsbelehrungen der Sparkassen bestehen nicht vor jedem Gericht. In den letzten Monaten sind schließlich auch die Widerrufsbelehrungen der Sparkassen aus der Zeit zwischen 2010 und 2012 in den Fokus der Rechtsprechung gerückt. Der bisherige Befund lautet: erneut ist es den Sparkassen nicht gelungen, die Verbraucher ordnungsgemäß über ihre Widerrufsrechte zu belehren.

Diesmal liegen die Fehler in der undeutlichen Gestaltung der Widerrufsbelehrung und der Mitteilung von Pflichtangaben, die in Wirklichkeit keine Pflichtangaben sind.


Inhalt dieser Seite:

  • Widerrufsbelehrung der Sparkassen – Verbraucherschutzverbände
  • BGH wird für Klarheit im Streit um die Widerrufsbelehrung der Sparkassen sorgen
  • Ihre Fragen und unsere Antworten


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BGH wird für Klarheit im Streit um die Widerrufsbelehrung der Sparkassen sorgen

In Karlsruhe stehen im Februar 2016 wichtige Entscheidungen an. Der Bundesgerichtshof wird sich in zwei Verfahren mit der Frage der äußeren Gestaltung von Widerrufsbelehrungen befassen. Die Kläger in beiden Verfahren sind Verbraucherschutzverbände.

Schwerpunktmäßig geht es um die deutliche graphische Hervorhebung der Widerrufsbelehrungen von dem übrigen Vertragstext. In dem Verfahren XI ZR 101/15 geht es zusätzlich um das umstrittene Check-Box-System, das viele Sparkassen in ihre Widerrufsbelehrung eingebaut haben. Hierbei gibt die Sparkasse diverse Möglichkeiten von Kreditbedingungen an, durch das Ankreuzen der zutreffenden Variante wird dem Verbraucher angezeigt, welcher Fall für ihn gelten soll. Die vielen überflüssigen Textbausteine sorgen für mangelnde Übersicht und Verwirrung. Und genau das wollten die Verbraucherschützer gerichtlich feststellen lassen. Doch während sie vor dem Landgericht Ulm hinsichtlich der unzureichenden Hervorhebung recht bekamen, konnten die Sparkassen die Berufung vor dem OLG Stuttgart für sich entscheiden.

Die Richter des Oberlandesgericht Stuttgart hatten weder an der Art der Hervorhebung, noch an dem Ankreuzsystem etwas zu beanstanden. Der durchschnittliche Verbraucher könne die einzelnen Optionen hinreichend voneinander unterscheiden, auch sei eine besondere Hervorhebung der Widerrufsbelehrung gesetzlich nicht mehr gefordert.

Die Revision wurde zugelassen. Nun wird der BGH sein Machtwort sprechen.


Entscheidungen betreffen tausende Darlehensverträge der Sparkassen

Auf jeden Fall werden am 23.02.2016 zwei Urteile gefällt. Einen Vergleich, wie er in vielen Fällen eingegangen wird, wird es nicht geben. Vorrangiges Ziel der Verbraucherschutzverbände ist es, die aufgeworfenen Rechtsfragen für andere Gerichte verbindlich durch den Bundesgerichtshof klären zu lassen.

Denn obwohl die Frage der hinreichenden Hervorhebung für den Ausgang vieler Prozesse entscheidend ist, ist immer noch nicht abschließend beantwortet, welche Voraussetzungen an eine deutliche Hervorhebung zu stellen sind. Wenn man der Gesetzesinterpretation der Banken folgen will, der sich auch das OLG Stuttgart angeschlossen hatte, ist eine deutliche Hervorhebung der Widerrufsbelehrung seit einer Gesetzesänderung Mitte 2010 überhaupt nicht mehr erforderlich.

Das sieht etwa das  OLG München ganz anders. So urteilte man in der bayerischen Hauptstadt im Mai dieses Jahres in der gleichen Frage im Sinne der Verbraucher.

Eine Stellungnahme des Bundesgerichtshofs zur hinreichenden Hervorhebung von Widerrufsbelehrungen ist hinsichtlich der bundesweit abweichenden Rechtsprechung der Landes- und Oberlandesgerichte unumgänglich und überfällig.

Gleiches gilt zu der Frage der Zulässigkeit des Check-Box-Systems vieler Sparkassen. Im Moment tendieren die Instanzgerichte dazu, dieses als unbedenklich einzustufen. Ob der tendenziell verbraucherfreundliche BGH die Sache auch so „lasch“ sieht, wird sich im Februar zeigen. Klar ist, dass die Entscheidung weitreichende Konsequenzen haben wird. Viele Tausende Darlehensverträge im gesamten Bundesgebiet sind betroffen.

Aussichten/ Prognose

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Der bisherige Befund lautet: erneut ist es den Sparkassen nicht gelungen, die Verbraucher ordnungsgemäß über ihre Widerrufsrechte zu belehren.

In den letzten Monaten mussten die Sparkassen vor Instanzgerichten immer wieder Niederlagen einstecken. Das geplante Ende des Widerrufsjokers kommt den Banken daher mehr als gelegen. Allerdings haben die Sparkassen bis dahin noch eine regelrechte Widerrufswelle auszuhalten. Und auch in der umstrittenen Frage nach der deutlichen Hervorhebung einer Widerrufsbelehrung deuten die Anzeichen auf einen Sieg der Verbraucher.

Denn in einem Parallelfall aus dem Versicherungsvertragsrecht hatte der Bundesgerichtshof erst Ende letzten Jahres die besondere Bedeutung der deutlichen Darstellung der Verbraucherrechte herausgestellt (BGH- Urteil v. 17.12.2014- IV ZR 260/11). Der Versicherungsnehmer durfte sein Widerspruchsrecht mangels Eindeutigkeit der Belehrung auch noch nach Verstreichen der Frist ausüben.

Die Chancen stehen somit gut, dass der Bundesgerichtshof auch im Falle eines Darlehenswiderrufs hohe Voraussetzungen an eine eindeutige Hervorhebung stellen wird. Nur eine deutliche Kenntlichmachung der Belehrung über das Widerrufsrecht kann einen umfassenden Verbraucherschutz garantieren. Ein positives Urteil würde allen Kunden der Sparkassen, deren Kredite aus der Zeit zwischen 2010 und 2012 stammen, zugutekommen. Denn aus dieser Zeit findet sich kaum ein Vertrag, der über eine hinreichend deutlich hervorgehobene Widerrufsbelehrung verfügt.

Selbstverständlich werden wir über die weiteren Entwicklungen in diesem Fall berichten.


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https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png 0 0 Ilja Ruvinskij https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png Ilja Ruvinskij2015-12-18 19:07:592019-09-10 10:11:15BGH entscheidet über Widerrufsbelehrung der Sparkassen (2010-2012)

Nicht für Fernabsatzgeschäfte – Widerrufsbelehrung der Sparkasse unwirksam

9. Dezember 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Landgericht Nürnberg-Fürth kippt eine weitere Widerrufsbelehrung der Sparkasse

Wieder einmal war eine Widerrufsbelehrung des Sparkassenverbandes auf dem Prüfstand, diesmal betroffen: die Sparkasse Nürnberg.

Schon in der Vergangenheit hatten sich die Sparkassen durch die flächendeckende Verwendung der Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ des gesetzlichen Vertrauensschutzes beraubt. In der Folge wurden und werden immer noch tausende Verträge mit erheblichen finanziellen Vorteilen für den Verbraucher rückabgewickelt. Nun wird die „Fußnotenrechtsprechung“ ausgeweitet.

Diesmal stellte den Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung eine Fußnote dar, die in den Jahren 2009-2010 in zahlreichen Darlehnsverträgen bundesweit von Sparkassen verwendet wurde.

Widerrufsbelehrung[1]


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  • Landgericht Nürnberg-Fürth kippt eine weitere Widerrufsbelehrung der Sparkasse
  • 1) “Nicht für Fernsabsatzgeschäfte”
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1) „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“

Ein Verbraucher, in dessen Darlehensvertrag aus dem Jahre 2010 sich die besagte Fußnote befand, widerrief den Darlehensvertrag. Als die Sparkasse Nürnberg sich weigerte, den Widerruf anzuerkennen, klagte er und bekam recht (Urteil vom 13.10.2015 – 6 O 7471/14). Die Nürnberger Richter entschieden, dass die Fußnote ” Nicht für Fernabsatzgeschäfte ” geeignet sei, den Verbraucher zu verwirren und an der Ausübung des Widerrufsrechts zu hindern (so bereits schon LG München, Urteil vom 09.12.2014 – 28 O 83/14). Allein diese Möglichkeit führe zu der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung.

Die Entscheidungsgründe lauten in diesem Punkt wie folgt:

„Durch diesen Zusatz wird nach dem, insoweit maßgeblichen, objektiven Verständnis eines durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbrauchers die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass die Widerrufsbelehrung im konkreten Fall nicht gelte. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Fußnote, der nahelegt, im Einzelfall sei zu prüfen, ob ein „Fernabsatzgeschäft“ vorliegt oder nicht. Damit wird die Belehrung entwertet, da der Verbraucher als Adressat der Belehrung nicht wissen kann, ob in seinem Einzelfall die Belehrung gilt, oder aber nicht, weil ein „Fernabsatzgeschäft“ vorliegt (was zu prüfen wäre und vom Verbraucher in der Regel ohne Weiteres nicht geleistet werden kann). Folglich kann der Verbraucher über sein Recht zum Widerruf im Unklaren sein. Diese abstrakte Möglichkeit genügt, um die Belehrung unzureichend zu machen, ohne, dass es darauf ankäme, dass die Belehrung im konkreten Fall missverstanden wurde.

Hieran ändert auch nichts, dass sich die Fußnote nach dem Willen der Beklagten als Autorin der Belehrung nicht an die Kläger, sondern an einen Sachbearbeiter der Beklagten richtet. Unstreitig hat die Beklagte das Formular über die Widerrufsbelehrung in der vorliegenden Form an die Kläger ausgehändigt und muss daher hinnehmen, dass sämtliche darin enthaltenen Erklärungen und Hinweise von diesen zur Kenntnis genommen werden. Dann sind aber auch möglicherweise interne Bearbeiterhinweise, sofern sie nach außen hin erkennbar werden, als Bestandteil der Belehrung anzusehen. Wird der Erklärungswert der Belehrung nun, wie hier, durch einen solchen Bearbeiterhinweis beeinträchtigt, hat die Beklagte die Folgen hinzunehmen.“


Negative Entscheidung in Heidelberg

Bild von einem Laptop

Bereits in der Vergangenheit hatten sich die Sparkassen durch die flächendeckende Verwendung der Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ des gesetzlichen Vertrauensschutzes beraubt.

Auch wenn dieses positive Urteil für den Verbraucher streitet, soll eine vorhandene Gegenstimme nicht verschwiegen werden. Das Landgericht Heidelberg (Urteil vom 13.01.2015 – 2 O 230/14) hatte in einem gleich gelagerten Fall entschieden, dass die besagte Fußnote der Sparkasse nicht schade und wies die Klage des Darlehensnehmers ab. Die Argumentation lautete:

„Entgegen der Argumentation der Kläger wird der durchschnittliche Verbraucher durch die Angabe ” Nicht für Fernabsatzgeschäfte ” aber nicht verwirrt oder unrichtig über seine Rechte belehrt. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Verbraucher – wie im Streitfall – von dem Unternehmer im persönlich geführten Vertragsgespräch eine auf einem gesonderten Blatt verfasste und zur Unterschrift vorgesehene Widerrufsbelehrung erteilt wird, die mit dem Namen des Verbrauchers und der Darlehensnummer versehen ist und sich ausdrücklich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht. Der durchschnittliche Verbraucher muss nämlich annehmen, dass diese Belehrung für ihn bestimmt ist und sich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht, weil es ansonsten keinen Sinn ergeben würde, ihm eine mit konkrete Angaben zum Vertrag versehene und an ihn adressierte Belehrung auszuhändigen und zur Unterschrift vorzulegen. Er kann die Erklärung daher nur so verstehen, dass ihm zu dem abgeschlossenen Darlehensvertrag ein Widerrufsrecht zusteht und dass sich die Erläuterungen zu den Voraussetzungen und den Folgen des Widerrufs in der ihm erteilten Belehrung auf diesen Darlehensvertrag beziehen. Unter den gegebenen Umständen wird der Verbraucher nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, dass es sich bei dem von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag um ein Fernabsatzgeschäft handeln und die ihm zur Unterschrift vorgelegte Widerrufsbelehrung aus diesem Grund nicht einschlägig sein könnte.“ 

Was bedeuten diese Entscheidungen für Darlehensnehmer

Trotz der positiven Entwicklung ist die Rechtsprechung noch nicht gesichert. Die Frage der Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung mit der Fußnote „Nicht für Fernabsatzgeschäfte“ wird wohl noch zahlreiche Gerichte beschäftigen. Auch unsere Kanzlei führt in diesem Zusammenhang bereits mehrere Verfahren im gesamten Bundesgebiet.

Ist die Rechtslage unsicher, wird häufig von beiden Seiten nachgegeben. Es wird ein so genannter Vergleich geschlossen. Ziel ist dabei eine Lösung, mit der die Unsicherheit beseitigt wird und mit der beide Parteien leben können. Sprechen Sie uns an – gerne unterstützen wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.

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https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png 0 0 Ilja Ruvinskij https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png Ilja Ruvinskij2015-12-09 15:48:132019-09-10 10:37:42Nicht für Fernabsatzgeschäfte – Widerrufsbelehrung der Sparkasse unwirksam

OLG Stuttgart erneut auf Seiten der Verbraucher – Widerrufsbelehrung der Commerzbank betroffen

2. Dezember 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Verbraucherfreundliches Urteil aus Stuttgart – gute Aussichten für Kunden der Commerzbank

Das OLG Stuttgart hatte am 29.09.2015 (6 U 21/15) über den Widerruf von gleich sechs Darlehensverträgen eines Verbrauchers zu entscheiden. Gleich vorweg: alle in den Verträgen enthaltenen Widerrufsbelehrungen stuften die Richter als fehlerhaft an. Der Verbraucher durfte alle Verträge widerrufen und die gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern. Betroffen sind Belehrungen wie diese in den Jahren 2004-2008 teilweise von der Commerzbank verwendet wurden.


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Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2004

In den Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2004 findet sich die fehlerhafte und häufig verwendete Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Das OLG Stuttgart, wie auch zuvor schon häufig der BGH (BGH, Urteil v. 9.12.2009- VIII ZR 219/08, Urteil v. 1.12.2010- VIII ZR 82/10) befanden diese Belehrung über den Fristbeginn als unzureichend und damit fehlerhaft. Der Verbraucher werde nicht hinreichend über den maßgeblichen Fristbeginn in Kenntnis gesetzt, denn er wisse nicht von welchen Voraussetzungen der Fristbeginn abhinge. Die Frage wann die Frist denn „spätestens“ beginne, drängt sich jedem Verbraucher auf. Das OLG versagte der Bank auch die Berufung auf den gesetzlichen Vertrauensschutz. Redaktionelle Änderungen führten dazu, dass die Deutlichkeit der vorliegenden Belehrung hinter der des Musters zurückblieben.

Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2008

Neben Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2004 ging es vor allem um Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2008. Hier stellten die Richter fest, dass die streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen den Verbraucher nicht hinreichend über den Fristbeginn informieren. Die Belehrung lautet:

„Die Frist beginnt einen Tag,

  • nachdem Ihnen ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung
  • eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrags zur Verfügung gestellt, sowie
  • die für den Vertrag geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und
  • die Informationen, zu denen wir nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312 c Abs.2 BGB in Verbindung mit §1 Abs. 1,2 und 4 BGB-InfoV) verpflichtet sind, in Textform mitgeteilt wurden,

nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrags.

Das erkennende Gericht stellte heraus, dass die ersten vier Punkte eine hinreichende Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist darstellen würden. Allerdings fügte die Commerzbank in Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung noch den Zusatz „nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ ein. Dieser kleine Einschub stiftete große Verwirrung. Hinreichend deutlich beziehen sich die vier Spiegelstriche auf den Hinweis, dass die Frist erst einen Tag nachdem alle Voraussetzungen vorliegen beginne.  Dies trage § 187 BGB Rechnung, der bestimmt, dass Fristen erst einen Tag nach dem die Frist auslösenden Ereignis zu laufen beginnen sollen. Nicht miteinbezogen von diesem Hinweis ist jedoch der besagte Einschub. Das naheliegende Verständnis des Verbrauchers, dass am Tag des Vertragsabschlusses die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, entspricht nicht der Rechtslage. Insofern ist die Belehrung falsch und irreführend. Das OLG Stuttgart entschied, dass dieser Umstand zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung führe.


Kein Rechtsmissbrauch. Keine Verwirkung

bild von zwei Männern am Tisch während einer vermutlichen Diskussion

In den Widerrufsbelehrungen aus dem Jahr 2004 findet sich die fehlerhafte und häufig verwendete Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

Den Einwand der Beklagten, die Ausübung des Widerrufsrechts sei rechtsmissbräuchlich, lehnte das Gericht ab. Die Commerzbank hatte vorgetragen, die Beweggründe der Kläger würden sich nicht auf die fehlerhafte Belehrung, sondern auf das aktuell niedrige Zinsniveau beziehen. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Wirksamkeit eines Widerrufs nicht voraussetzt, dass der Mangel der Belehrung für den Widerruf ursächlich sein muss. Vielmehr komme es darauf an, dass die Belehrung geeignet sei, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.

Auch eine Verwirkung schloss das OLG Stuttgart aus. Obwohl die Darlehensverträge rückabgewickelt worden seien, sei das Widerrufsrecht nicht verwirkt. Damit schließt sich das Gericht der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung an. Umstände aus denen sich schließen lasse, dass die Kläger von Ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen würden, konnten die Richter nicht feststellen. Ein Vertrauen hierauf könne die Bank schon nicht geltend machen, weil sie selbst den Schwebezustand, der zu einem „ewigen Widerrufsrecht“ geführt hat, durch eine fehlerhafte Belehrung herbeigeführt habe.

Ausblick

Dieses Urteil des OLG Stuttgart ist für Verbraucher durchweg positiv. Das OLG Stuttgart betonte die Pflicht des Darlehensgebers, den Darlehensnehmer hinreichend deutlich zu belehren. Das Risiko einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung tragen die Banken. Ebenso wurde die Position des Verbrauchers durch den Ausschluss der Rechtsmissbräuchlichkeit und der Verwirkung gestärkt.


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Fehlerhafte Widerrufsbelehrung der Sparkasse. Die Bank unterliegt vor dem LG Siegen

2. Dezember 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Positives Urteil für Kunden der Sparkassen – Widerruf von Darlehensverträgen auch nach vollständiger Abwicklung möglich

Das Siegener Landgericht stärkt mit seiner neuen Entscheidung den Darlehensnehmern den Rücken. Im Fokus war erneut eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung der Sparkasse.

Mit Urteil vom 24.07.2015- 2 O 350/14 entschieden die Richter, dass auch nach erfolgter Abwicklung ein Widerruf möglich ist. Hohe Vorfälligkeitsentschädigungen, die bei vorzeitiger Ablösung gezahlt werden müssen, können so zurückgefordert werden.


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  • Positives Urteil für Kunden der Sparkassen
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Fehlerhafte Widerrufsbelehrung der Sparkasse – Altbekannte Fehlerquelle „Frühestens…“

Die wohl am häufigsten verwendete Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ war auch diesmal im Fokus der Entscheidung.

Diese Formulierung wurde schon vom BGH für fehlerhaft befunden- obwohl sie aus der gesetzlichen Musterbelehrung stammt. Allerdings können sich Banken auf Vertrauensschutz berufen, wenn sie die vom Gesetzgeber vorgeschlagenen Formulierungen eins-zu-eins verwenden. Das war diesmal nicht der Fall.

Die Besonderheit bestand vorliegend darin, dass die Belehrung zusätzlich mit Fußnoten versehen wurde, die in der Musterbelehrung nicht vorgesehen sind.

Kleine Fußnoten, große Konsequenzen – Widerrufsbelehrung der Sparkasse wieder fehlerhaft

Den Dreh- und Angelpunkt des Falles bildete hier die unscheinbare Fußnote 2) „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“

Die Siegener Richter taten diese nicht, wie von der Sparkasse behauptet, als unschädliche redaktionelle Änderung ab. Vielmehr nehme die Fußnote als Bestandteil des Textes auf das Verständnis Einfluss und sei deshalb als inhaltliche Änderung anzusehen. Verwirrung und Unklarheiten seien die Folge. Den Einwand der Sparkasse, die Fußnote sei nur für Mitarbeiter bestimmt, ließ das Gericht nicht gelten.

Verbraucherfreundlicher Kurswechsel in Siegen

Hervorzuheben ist besonders, dass das Landgericht Siegen seine Rechtsprechung zu Gunsten der Verbraucher geändert hat. Im vergangenen Jahr hielt das LG Siegen noch daran fest, dass ein Widerruf nach einer Aufhebungsvereinbarung nicht möglich sei (vgl. Urteil v. 10.10.2014 Az.: 2 O 406/13).

Mit der jüngsten Entscheidung ließ das Siegener Gericht diese Auffassung ausdrücklich fallen und verurteilte die Sparkasse zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

Ausblick

Damit schließt sich das LG Siegen der verbraucherfreundlichen „Fußnoten-Rechtsprechung“ zahlreicher Gerichte im gesamten Bundesgebiet an.

Ein halbes Jahr vor dem geplanten Ende des „Widerrufjokers“ stehen die Chancen für einen erfolgreichen Darlehenswiderruf immer besser.



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Widerrufsjoker = Rechtsmissbrauch? BGH entscheidet am 01.12.2015

24. November 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Widerrufsjoker vor dem BGH

Noch kurz vor Weihnachten und etwa sechs Monate vor dem gesetzlich geplanten Ende des Widerrufsjokers (Juni 2016) bekommt der BGH noch einmal die Gelegenheit, ein Machtwort zu sprechen.

Am 01.12.2015 geht es in Karlsruhe um die Frage, ob ein Darlehen wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung widerrufen werden kann, auch wenn es dem Verbraucher gar nicht um den Fehler der Widerrufsbelehrung geht.


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  • Widerrufsjoker von dem BGH
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Der Fall:

In dem, unter dem Aktenzeichen XI ZR 180/15 geführten Verfahren will der Darlehensnehmer die Rückabwicklung eines Darlehens bei der Sparkasse erreichen, mit dem er (teilweise) seine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds finanzierte. Die Finanzanlage hatte sich nicht wunschgemäß entwickelt, um diese wieder ohne Verluste loszuwerden, widerrief der Anleger das Darlehen. Die fehlerhafte Widerrufsbelehrung nutzte er dabei quasi als bloßes Vehikel.

Sowohl das Landgericht Hamburg als auch das Oberlandesgericht Hamburg wiesen die Klage des Verbrauchers ab. Zwar sei die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, auch sei das Widerrufsrecht nicht verwirkt, jedoch stelle der Widerruf eine „unzulässige Rechtsausübung dar, weil es dem Kläger darum gegangen sei, sich von der wohlüberlegt getätigten, aber spekulativen und risikobehafteten Anlage zu lösen, nachdem sie sich aus steuerlicher Sicht als nicht so erfolgreich wie gewünscht erwiesen habe.“ (Pressemitteilung des BGH).

Anwendbarkeit auf Baufinanzierungen?

Auch wenn die Situation anders gelagert zu sein scheint als beim Widerruf von Baufinanzierungen, geht es im Kern um die gleiche Frage: spielt die Motivation des Verbrauchers bei der Ausübung seiner Rechte eine Rolle oder nicht.

Sagt der BGH „Ja“, könnte es für den Widerrufsjoker noch vor seinem geplanten gesetzlichen Ende eng werden. Denn auch bei dem Widerruf von Baufinanzierungen geht es den Verbrauchern letztlich darum, sich von den hochverzinsten Krediten zu lösen und zu momentan historischen Zinsen umzuschulden. Von der Fehlerhaftigkeit Ihrer Widerrufsbelehrung haben die allermeisten Darlehensnehmer jahrelang nichts gewusst.


Was vom BGH zu erwarten ist

Bild von Formular und Kaffee und Briefen

Wenn der BGH „Ja“sagt, könnte es für den Widerrufsjoker noch vor seinem geplanten gesetzlichen Ende eng werden.

Indes handelt es sich beim BGH um ein sehr verbraucherfreundliches Gericht. Ihm haben die Darlehensnehmer schließlich den Widerrufsjoker überhaupt zu verdanken. Und da die Rechtsprechung des BGH Zehntausenden Verbrauchern bislang den Weg aus den hochverzinsten Verträgen geebnet hat, dürfte hier nicht plötzlich eine Kehrtwende erfolgen. Denn dass es den Verbrauchern um den Ausstieg aus unvorteilhaften Verbindlichkeiten geht, war dem BGH auch in seinen vergangenen Entscheidungen bestens bekannt.

Gesetz bleibt für BGH eben Gesetz und dieses Gesetz verlangt vom Verbraucher, der seine Rechte ausüben möchte, keine Begründung. Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, kann der Kredit auch nach vielen Jahren widerrufen werden. Dabei darf dem Darlehensnehmer kein treuwidriges, rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden.

Übrigens geht die Meinung bei den Instanzgerichten (bis auf einige Ausnahmen) klar gegen etwaigen Rechtsmissbrauch. Gut zusammengefasst finden sich die entsprechenden Erwägungen in einem aktuellen Urteil des ansonsten als bankenfreundlich geltenden Landgericht Frankfurt:

“Dass die Kläger ein ihnen zustehendes Recht erst nach sieben Jahren ausgeübt haben, stellt für sich genommen auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar (§ 242 BGB). Dabei hat das Motiv für den Widerruf unberücksichtigt zu bleiben, da der Gesetzgeber zwar als Begründung für das Widerrufsrecht den Übereilungsschutz genannt hat, eine tatsächlich übereilte Entscheidung jedoch gerade keine Voraussetzung für die Ausübung des Rechts ist, der Verbraucher sich innerhalb der laufenden Frist vielmehr frei und aufgrund jeglicher, rechtlich nicht überprüfbarer Motivation zur Widerrufsausübung entscheiden kann, wie sich bereits aus der fehlenden Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1, S. 2, 1. Hs BGB a.F.) ergibt.“

Aussichten

Man kann jetzt nur hoffen, dass der BGH die Gelegenheit bekommt, sich endgültig in der Sache zu positionieren. Denn als die Richter im Juni entscheiden sollten, ob das Recht zum Widerruf verwirken kann, wendete die betroffene Bank Gerüchten zufolge das Urteil ab, indem sie dem Kläger eine hohe Geldsumme zahlte, damit dieser seine Revision zurücknimmt. Da die Rechtsinstitute der Verwirkung und des nun im Raum stehenden Rechtsmissbrauchs eng miteinander verwandt sind, bleibt zu befürchten, dass die Bank wieder einmal die ungünstige Entscheidung verhindern will.

Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Update:

Die Verhandlung wurde laut Pressemitteilung des BGH “auf Wunsch der Parteien” auf den 15.12.2015 vertagt. Das kann nur bedeuten, dass im Hintergrund um einen Vergleich gerungen wird. Ob dieser zustande kommt oder nicht, wird sich zeigen. Die Bankenwelt ist an einer Verhinderung interessiert.

Update:

Es wird vorerst keine Entscheidung des BGH zur Verwirkung des Widerrufsrechts geben. Die Beteiligten haben inzwischen einen Vergleich geschlossen. Wieder einmal konnte eine Bank eine Grundsatzentscheidung des BGH in dieser heiß umstrittenen Frage verhindern.


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Überraschung in Bonn – Durchbruch für Kunden der DSL-Bank

16. November 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Andre Kraus

Widerrufsbelehrung der DSL Bank fehlerhaft

Dass die DSL Bank Ihre Kunden in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt hatte, ist schon seit Langem bekannt. Nach breit angelegten Untersuchungen der Verbraucherzentrale waren 4 von 5 Verträgen von teilweise groben Fehlern betroffen. Eine höhere Fehlerquote erreichte allein die ING DiBa. Allerdings standen die widerrufswilligen Verbraucher häufig vor einem Problem. Das Landgericht Bonn, in dessen Bezirk sich der Sitz der DSL-Bank befindet, hat bisher sehr bankenfreundlich entschieden. War die Wahl eines anderen Gerichtsstands versperrt, standen die Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf häufig nicht besonders gut. Mit einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 24.07.2015 3O 277/14) leitete das Landgericht Bonn jedoch eine überraschende Wende ein. Eine Widerrufsbelehrung der DSL-Bank wurde nun für fehlerhaft erklärt.


Inhalt dieser Seite:

  • Widerrufsbelehrung der DSL Bank fehlerhaft
  • Widerrufsbelehrung nicht eindeutig und ungenau
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Widerrufsbelehrung der DSL Bank ist nicht eindeutig und ungenau

Das Bonner Gericht entschied , dass eine Widerrufsbelehrung, welche von der DSL-Bank in den Jahren zwischen 2004 und 2006 verwendet worden ist, mit Fehlern behaftet sei.

Eine Widerrufsbelehrung soll den Darlehensnehmer umfassend über seine Rechte zum Widerruf belehren. Dafür bedarf es präziser Formulierung und eindeutiger Information, ab wann eine Widerrufsfrist beginnen soll. Die Belehrung der DSL-Bank verstößt gegen eben jenes Deutlichkeitsgebot. Erneut musste sich das Gericht mit der Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ befassen. Der Bundesgerichtshof entschied mehrmals, dass diese Formulierung nicht genügt, um den Verbraucher eindeutig über den Beginn der Frist in Kenntnis zu setzen.

Erneut haben Abweichungen Konsequenzen

Banken konnten bei der Verfassung ihrer Widerrufsbelehrungen auf eine gesetzliche Musterbelehrung zurückgreifen. Taten sie das, gewährte Ihnen die Rechtsprechung einen so genannten Vertrauensschutz. Weicht allerdings die verwendete Belehrung vom gesetzlichen Muster ab, so kann sich die Bank nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr auf den Vertrauensschutz berufen. So verhielt es sich auch bei dieser Widerrufsbelehrung der DSL-Bank. Die Widerrufsbelehrung weist sowohl redaktionelle als auch inhaltliche Abweichungen auf.

So versäumte die DSL-Bank beispielsweise bestimmte Überschriften aus der Musterbelehrung zu übernehmen. Weiterhin wurden Angaben zum Formerfordernis umgeschrieben. Schließlich hatte die DSL-Bank es unterlassen, den Verbraucher ordnungsgemäß über den Ablauf der Rückabwicklung aufzuklären. Die Bonner Richter sahen darin eine erhebliche schädliche Abweichungen von der gesetzlichen Musterbelehrung. Damit kam die “frühestens” Rechtsprechung zur Anwendung.

Bonn äußert sich auch zur Verwirkung

Die Verwirkung des Widerrufsrecht setzt voraus, dass der Berechtigte sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er die Möglichkeit hatte. Diese Regelung dient dem Schutz des Verpflichteten. Das LG Bonn sprach sich beim jüngsten Fall jedoch gegen eine Verwirkung aus.

Der gegenständliche Vertrag wurde zwar acht Jahre vor dem Widerruf im Jahr 2006 abgeschlossen, es mangelte jedoch am Umstandsmoment. Zum Zeitpunkt des Widerrufs war das Darlehen noch nicht vollständig zurückgezahlt, das Bonner Gericht sah deshalb trotz der späten Geltendmachung keine Verwirkung.

Aussichten

Die Nachrichten aus Bonn stellen einen erheblichen Durchbruch für Darlehensnehmer dar. Das LG Bonn entschied bisher zumeist positiv für die Banken, weshalb dieses äußerst verbraucherfreundliche Urteile eine überraschende Wende darstellt. Auch die Äußerung zur Verwirkung sollte Verbraucher erfreuen, insgesamt sollte diese Entscheidung auch außergerichtliche Verhandlungen erleichtern.



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https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png 0 0 Andre Kraus https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png Andre Kraus2015-11-16 14:17:282019-09-10 11:16:24Überraschung in Bonn - Durchbruch für Kunden der DSL-Bank

Schulden in Deutschland 2015: Creditreform SchuldnerAtlas 2015 beschreibt einen Anstieg der Verschuldung

11. November 2015/0 Kommentare/in Allgemeines Insolvenzrecht, Insolvenzrecht, Privatinsolvenz, Schuldnerberatung /von Dr. V. Ghendler
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Schulden in Deutschland 2015: Creditreform SchuldnerAtlas 2015 beschreibt einen Anstieg der Verschuldung

Vor kurzem wurde SchuldnerAtlas 2015 veröffentlicht, in dem die Schuldensituation von Privathaushalten in Deutschland dargestellt wird. Die Wirtschaftsauskunft Creditreform bringt jedes Jahr einen solchen SchuldnerAtlas heraus, und analysiert die Daten der deutschen Bevölkerung im Hinblick auf ihre Verschuldung. Hieraus ergibt sich, dass die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland das zweite Mal in Folge angestiegen ist. Für die gesamte Bundesrepublik hat die Wirtschaftsauskunftei Creditreform eine Schuldnerquote von 9,92 Prozent gemessen. Darauf folgt auch, dass in absoluten Zahlen rund 6,7 Millionen Bürger (über 18 Jahre) überschuldet sind und nachhaltige Zahlungsstörungen aufweisen. Hierbei wurde vor allem eine Zunahme von Fällen mit hoher Überschuldungsintensität (sehr hohen Schulden) festgestellt. Hingegen nahm die Anzahl der Fälle mit geringer Überschuldungsintensität (nachhaltige Zahlungsstörungen) etwas ab.


Inhalt dieser Seite:

  • Creditreform SchuldnerAtlas 2015
  • Unterschiede in der Schuldensituation
  • Große Unterschiede unter den Bundesländern
  • Anstieg weiblicher Schuldner
  • Überschuldung jüngerer Schuldner geht zurück
  • Überschuldung im Alter nimmt zu und führt zu Armut
  • Ihre Fragen und unsere Antworten


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Schulden in Deutschland 2015: Unterschiede in der Schuldensituation zwischen Ost- und Westdeutschland

Nach dem Creditreform SchuldnerAtlas 2015 unterscheidet sich die Schuldensituation in Ost- und Westdeutschland. Die ostdeutschen Bundesländer haben zum vierten Mal in Folge eine höhere Überschuldungsquote als die westdeutschen Bundesländer. Insgesamt sind im Jahr 2015 im Westen rund 5,62 Millionen Personen überschuldet, im Osten sind es wie im Vorjahr rund 1,10 Millionen Personen. Interessant ist aber, dass sich der Anstiegstrend im Osten stärker verlangsamt hat als im Westen Deutschlands. Dadurch ist die absolute Zunahme der Überschuldungsfälle im Osten Deutschlands deutlich schwächer als im Westen Deutschlands.

Schulden in Deutschland 2015: Große Unterschiede unter den Bundesländern

Nach der Creditreform-Studie wird festgestellt, dass die Überschuldung je nach Bundesland unterschiedlich stark ausfällt. In immerhin acht Bundesändern ist ein Rückgang der Überschuldungsfälle der Privathaushalte zu erkennen, in sieben Bundesländern ist ein Anstieg zu erkennen und in einem Bundesland bleibt die Zahl der Schuldner fast gleich.

Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg führen trotz der starken Anstiege in der Überschuldung das Positiv-Ranking der Bundesländer an.

Schulden in Deutschland 2015: Anstieg weiblicher Schuldner

Die Zahl der männlichen Schuldner ist in absoluten Zahlen immer noch deutlich höher als die der weiblichen Schuldner. Jedoch ist die Zunahme der Schulden bei Frauen wesentlich größer als in den Vorjahren. In den letzten zwölf Monaten ist die Überschuldung von Frauen um rund 0,6 Prozent und der männlichen Schuldner um 0,7 Prozent gestiegen. Im Vergleich zu 2004 ist das eine Steigerung der Überschuldung bei Frauen um +23,3 Prozent.

Schulden in Deutschland 2015: Überschuldung jüngerer Schuldner geht zurück

Junge Schuldner unter 30 Jahren machen weniger Schulden als im Jahr zuvor. Die Zahl der jungen Schuldner in der Bundesrepublik ist stärker als im Vorjahr zurückgegangen (-3,4 Prozent). Die gesamte Schuldnerquote liegt bei Personen unter 30 Jahren bei 14,86 Prozent. Hauptsächlich wird hier laut Creditreform eine Abnahme der Fälle mit nachhaltigen Zahlungsstörungen verantwortlich gemacht.

Schulden in Deutschland 2015: Überschuldung im Alter nimmt zu und führt zu Armut

Schlechter als die Situation bei den jüngeren Schuldnern sieht die Schuldensituation bei älteren Schuldnern aus. Derzeit müssen ungefähr 150.000 Menschen in Deutschland ab 70 Jahren als überschuldet eingestuft werden. Das ist eine Zunahme von 16.000 Fällen zum Vorjahr. Wie rapide aber die Überschuldung im Alter zunimmt, zeigt der Zuwachs alleine in den letzten beiden Jahren. Bei den über 70-Jährigen beträgt der Zuwachs rund 35,4 Prozent und bei den 60- bis 69-Jährigen 12,4 Prozent.



Dr. V. Ghendler ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und mit seinem bundesweit tätigen Team auf die Entschuldung von Privatpersonen und Unternehmern spezialisiert.


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https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png 0 0 Dr. V. Ghendler https://staging.anwalt-kg.de/wp-content/uploads/2016/04/kgr-logo-rot-weiss-transparent-300px.png Dr. V. Ghendler2015-11-11 18:36:382019-11-15 10:32:26Schulden in Deutschland 2015: Creditreform SchuldnerAtlas 2015 beschreibt einen Anstieg der Verschuldung

ENDSPURT für Sparkassenkunden – Landgericht Nürnberg verleiht Widerrufsjoker Auftrieb

3. November 2015/0 Kommentare/in Bankenrecht, Darlehenswiderruf /von Andre Kraus

Widerrufsbelehrung der Sparkassen aus den Jahren 2010-2012 betroffen

Knapp 7 Monate vor dem geplanten Ende des Widerrufsjokers hat das LG Nürnberg den Verbrauchern, die insbesondere bei einer Sparkasse einen Darlehensvertrag mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung abgeschlossen haben, den Rücken gestärkt.

Das LG Nürnberg entschied in ausdrücklicher Anlehnung an das verbraucherfreundliche Urteil des OLG München vom 21.05.2015 (AZ: 17 U 334/15) für den klagenden Verbraucher.

Aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung konnte die Klägerin im vorliegenden Fall ihren Darlehensvertrag mit der Sparkasse auch noch vier Jahre nach Abschluss widerrufen und die Vorfälligkeitsentschädigung zurückfordern.


Inhalt dieser Seite:

  • Widerrufsbelehrung der Sparkassen
  • Keine Verwirkung des Widerrufsrechts durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung
  • Ihre Fragen und unsere Antworten


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Fristbeginn bei Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB a.F.

Die Frage der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung drehte sich um die folgende Formulierung:

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs.2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszins, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat.“

Besonders typisch ist diese Formulierung für die flächendeckend verwendete Widerrufsbelehrung der Sparkassen aus den Jahren 2010-2012.

Bereits das LG Verden entschied mit Urteil vom 08.05.2015 (AZ: 4 O 264/14), dass grundsätzlich nicht alle Pflichtangaben im Sinne des § 492 Abs. BGB a.F. in die Widerrufsbelehrung aufgenommen werden müssen. Wenn die Belehrung jedoch Beispielangaben enthält, müssen diese auch mit dem Gesetz deckungsgleich sein. Hiermit ebnete das LG Verden dem LG Nürnberg den Weg. Denn auch in diesem Fall stimmten die Angaben, die in der Klammer aufgezählt sind, nicht mit den Pflichtangaben des Gesetzes für ein Immobiliardarlehen überein. Genau genommen handelte es sich bei den „Pflichtangaben“ in der Widerrufsbelehrung der Sparkasse nicht um wirkliche Pflichtangaben. Ein grober Fehler, entschieden die Richter.

Damit schloss sich das LG Nürnberg der Auffassung des LG Verden an. Die Vertragsklausel sei falsch und für den Verbraucher irreführend. Durch die fehlerhafte Widerrufsbelehrung beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. In diesem Fall eröffnet sich für den Verbraucher das „ewige Widerrufsrecht“.


Keine Verwirkung des Widerrufsrechts durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Eine Verwirkung des Widerrufsrechts kommt nur in Betracht, wenn die Bank aufgrund der tatsächlichen Umstände darauf vertrauen durfte, dass der Widerruf nicht mehr erklärt wird. Ob dies der Fall ist, muss durch eine Einzelfallbetrachtung ermittelt werden.

Hier spreche gerade die Tatsache, dass die Klägerin eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, um den Darlehensvertrag vorzeitig aufzulösen, gegen das schutzwürdige Vertrauen der Sparkasse in den Bestand des Darlehensvertrages. Die Zahlung zeige nämlich, dass die Klägerin über ihr Widerrufsrecht nicht informiert war. Denn wer löst schon kostenpflichtig etwas ab, von dem er sich auch kostenlos und mit erheblichen Vorteilen durch Widerruf lösen kann? Die Sparkasse könne dies jedenfalls nicht so verstehen, dass die Klägerin auf den Widerruf verzichte.

Dem Einwand der Sparkasse, die Klägerin wollte durch einen Widerruf nur von den derzeit niedrigen Zinsen profitieren, schob das LG Nürnberg einen Riegel vor. Die Belange der Verbraucher von niedrigen Zinsen und einer ertragsreichen Rückabwicklung zu profitieren, machten den Widerruf nicht rechtsmissbräuchlich. Ganz im Gegenteil sei dies absolut nachvollziehbar.

Aussichten

Das vorliegende Urteil des LG Nürnberg dürfte den Banken, ja insbesondere den Sparkassen erheblich Wind aus den Segeln nehmen.

Nachdem vorher schon das LG Verden und auch das OLG München deutlich die Verbraucherrechte gestärkt haben, entschied auch das LG Nürnberg, dass die verwendete Klausel die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt hat. Verbraucher, die in Ihrem Kreditvertrag mit einer Sparkasse oder mit einer anderen Bank eine entsprechende Klausel finden, sollten nicht zu lange fackeln und sich noch vor der Abschaffung des Widerrufsjokers von ihren ungünstigen Darlehensverträgen lösen.


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Widerrufsbelehrung der Sparkasse- Durcheinander beim Landgericht Köln

29. Oktober 2015/0 Kommentare/in Darlehenswiderruf /von Ilja Ruvinskij

Widerrufsjoker – warum die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung so wichtig ist

Der Widerruf von Darlehensverträgen ist in den Zeiten von stark gesunkenen Zinsen wirtschaftlich überaus lohnenswert und sorgt dafür, dass Verbraucher sich von ihren hochverzinsten Darlehensverträgen lösen können. Infolge fehlerhafter Widerrufsbelehrungen steht Verbrauchern ein „ewiges“ Widerrufsrecht zu. Allerdings ist die rechtliche Bewertung von Widerrufsbelehrungen schwierig und uneinheitlich. Davon zeugt die brandaktuelle Rechtsprechung des Landgerichts Köln zu einer Widerrufsbelehrung der Sparkasse aus den Jahren 2007 und 2008.


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  • Warum die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung so wichtig ist
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Zwei Kammern- zwei Auffassungen

Zwei Kammern des Landgerichts beurteilten innerhalb eines Monats zwei identische Fälle konträr.

Dass die bundesweite Rechtsprechung uneinheitlich ist, ist kein Geheimnis. Doch sogar innerhalb eines Gerichts können sich die Kammern manchmal nicht einig werden. Jüngstes Beispiel dafür sind zwei Urteile des LG Köln. Am 24.09.2015 widerlegte die 15. Kammer sich selbst, indem sie die früher von ihr vertretene Ansicht zu der Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung einer Sparkasse wieder aufgab.

Dem ist die 22. Kammer mit Urteil vom 08.10.2015 entgegengetreten, indem sie entschied, dass die gleiche Widerrufsbelehrung der Sparkasse nicht ordnungsgemäß ist. Über den Erfolg oder Misserfolg eines Verfahrens entschied somit der Zufall in Form des Geschäftsverteilungsplans. Aber wo hohe Ersparnisse locken, gibt es auch gewisse Risiken.

Kein Vertrauensschutz beim Abweichen vom gesetzlichen Muster

Einig waren sich beide Kammern, dass nur eine einwandfreie Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang setzt. Am sichersten kann sich eine Bank fühlen, wenn sie die gesetzliche Musterbelehrung verwendet hat. In dem Fall kann sie sich auf den sog. Vertrauensschutz berufen. Anderenfalls muss sie das Risiko einer „unendlichen Widerrufsfrist“ in Kauf nehmen. Doch schon bei geringen Abweichungen von den der gesetzlichen Vorlage entfällt der Vertrauensschutz. Um die Frage, wann eine relevante Abweichung vorliegt, wird vor Gerichten immer und immer wieder gestritten. So auch im vorliegenden Fall.

 Widerrufsbelehrung der Sparkasse – „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung…“

Die wohl bekannteste fehlerhafte Formulierung lautet „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Sie stammt aus der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung, die bis zum 31.03.2008 sowohl Sparkassen als auch anderen Banken als Vorlage diente. Dass die Formulierung unzureichend ist, hat der BGH mehrfach entschieden. Der Gebrauch einer solchen Klausel berge für den Verbraucher eine erhebliche Unsicherheit, von welchem konkreten Ereignis der Fristbeginn abhängt.


Sparkassen wichen von der Musterwiderrufsbelehrung ab

Bild von Mann im Anzug mit Sparschwein in den Händen

Infolge fehlerhafter Widerrufsbelehrungen steht Verbrauchern ein „ewiges“ Widerrufsrecht zu.

Für den Sparkassenverband, die diese Formulierung flächendeckend gebrauchten, war dies ein großes Ärgernis. Nirgendwo im Bundesgebiet hatte eine Sparkasse das gesetzliche Muster eins-zu-eins übernommen. Stattdessen hatte man in den Rechtsabteilungen der Sparkassen dem Text der Widerrufsbelehrungen Fußnoten hinzugefügt. Auch bei den besagten Kölner Urteilen drehte sich der Streit um die Zulässigkeit dieser Fußnoten.

Beide Kammern hoben hervor, dass Fußnoten in der gesetzlichen Vorlage nicht vorgesehen sind und deshalb im Einzelfall Abweichungen darstellen können. Uneinigkeit bestand allerdings in der Frage, ob es sich bei diesen Fußnoten um rein formale Hinweise an die Mitarbeiter der Sparkasse oder aber um inhaltliche und damit schädliche Ergänzungen handele.

Um es kurz zu fassen: Die 15. Kammer entschied, die Fußnoten in der Widerrufsbelehrung der Sparkasse seien gar nicht Bestandteil der eigentlichen Widerrufsbelehrung und damit außer Acht zu lassen. Die 22. Kammer hingegen hielt zu den Verbrauchern und bezog die Fußnoten in die rechtliche Betrachtung mit ein. Fußnoten seien deutlich aus dem Text hervorgehoben und beeinflussten das Verständnis der Verbraucher. Damit schloss sich die 22. Kammer einer in der Rechtsprechung weit überwiegend vertretenen Auffassung an.

Aussichten

Diese Urteile zeigen, dass sich jede schematische Betrachtung bei der Beurteilung der Fehlerhaftigkeit einer Widerrufsbelehrung verbietet. Ein Einzelfall bleibt eben ein Einzelfall. 

Wenn Sie also mit dem Gedanken spielen, von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, sollten Sie sich umfassend über Ihre Chancen und Risiken informieren. Durch die hohe Spezialisierung unserer Kanzlei bleiben wir stets am Puls der Rechtsprechung. So können wir Ihnen jederzeit von den aktuellsten Entwicklungen berichten und mit Ihnen unsere umfangreiche Erfahrung teilen. Nutzen Sie die Möglichkeit unserer kostenfreien und unverbindlichen Beratung.


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